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Tuesday, April 30, 2024
Herr D.K. - “Hydra“

Herr D.K. – “Hydra“

Sind Vergleiche überhaupt zugelassen?

Ist es wirklich gut, wenn man mit jemandem verglichen wird? Oft hilft es, wenn ein Vergleich mit jemandem ins Spiel kommt, dessen Musik tatsächlich irgendwie vergleichbar ist. Doch was ist, wenn es nur scheinbare Parallelen gibt oder wenn der Vergleich total hinkt?

Als der Hamburger Musiker Henning von Hertel sein zweites Album “Was mach ich mit meiner Zeit“ veröffentlichte, wurde er vom NDR als moderner Reinhard Mey bezeichnet und der Musikexpress feierte ihn sogar als Retter des deutschsprachigen Liedes.

An dem Punkt überlegen dann einige Künstler ob sie auswandern sollten oder denken gar über eine Selbstentleibung nach. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Herr D.K. jedenfalls sitzt es aus und so wird es Anfang Dezember eine neue EP von ihm geben.

Auf dem anstehenden Tonträger geben sich Vicky Leandros und Leonard Cohen die sonnengegerbten Hände. Mit “Du weißt, ich liebe das Leben / nur nicht mein eigenes“, huldigt Herr D.K. dem 70er-Schlager und verleiht ihm damit einen Hauch der gegenwärtigen Aussichtslosigkeit, bevor alles in einem “La La“-Chor zusammenfällt.

Wir erleben Menschen, die sich lieben lernen, sich ineinander verknäulen, um der Welt zu entfliehen und sich Jahre später hinter ihrem Stolz nicht mehr erkennen können. Hydra, der Mythos des mehrköpfigen Ungeheuers, trifft auf die gleichnamige griechische Insel, auf der Leonard Cohen vom drogenberauschten Literaten zum zweifelnden Musiker wurde.

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Tatsächlich klingt Henning von Hertel in seinen neuen Songs, wie ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener Schlager-Barde und irgendwie ist er das ja auch.

Hydra wurde live mit Frederik Rosebrock, Phillip Fierka und Sebastian Genzink aufgenommen. Am Ende wurde kein Ton geradegerückt. Nichts wurde geschnitten und jeder Atmer und jeder Knackser wurden drin gelassen. Die Aufnahmen wurden lediglich um eine Handvoll vorsichtiger Overdubs, wie Klarinetten, Chöre, Percussion und Fieldrecordings angereichert.

In diesem überaus realen, wie ästhetisch aus der Zeit gefallenen Gewand, zieht uns Herr D.K. hinein in seine Welt aus fragiler Schönheit, stabilen Zweifeln und sanftem Humor. Er klingt befreit und erschöpft zugleich. Freunde des Besonderen werden ihre Freude haben, ich auch.

Herr D.K. – “Hydra“ erscheint am 01.12.2023 via Tapete Records.

Das Interview mit Henning von Hertel findest du hier: https://fishbookletters.de/fish-im-tee/herr-d-k-im-interview-beim-fishimtee/

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