Er atmet durch und es geht weiter.
Der Friedhof der Moral ist kein Ort, er ist vielmehr eine Zeit und in genau dieser Zeit leben wir jetzt. Mit dem Tod Geld zu verdienen ist ein moralisch fragwürdiges Unterfangen und dennoch geben sich auf dem Friedhof der Moral die Bestatter die Klinke in die Hand.
Aber warum sage ich das? Ach ja! Brezel Göring hat ein neues Album veröffentlicht. Der Titel der neuen Platte ist “Friedhof der Moral“.
Zu Zeiten von STEREO TOTAL haben sich die fabelhafte Françoise Cactus und Brezel Göring ein paar Regeln für das Musik machen auferlegt. Diese Regeln besagen das: Kein Instrument mehr als 50 DM kosten darf, 2. Virtuosität sollte unbedingt vermieden werden, 3. Texte in allen Sprachen – außer Englisch, 4. Stilistische Einflüsse aus der Plattenkiste auf dem Flohmarkt, 5. Strikte Vermeidung von allem, was dem “Zeitgeschmack” entspricht, 6. Studioaufnahmen, die den technischen Standard unterschreiten und 7. Keine grossen Plattenfirmen, sondern kleine Labels, die von Musikenthusiasten geführt werden.
Die Regel 5 ist es, die mich beschäftigt. Aber wird diese Regel jetzt verletzt oder nicht? Sie wird ganz klar nicht verletzt!
Auf dieser Platte wird nicht über Menschen und Ideen hergezogen und hier werden auch keine kruden Theorien verbreitet. Der Friedhof der Moral ist hier eher ein kleiner Friedhof in unser aller Seele. Denn so ein bisschen bekloppt sind wir alle und so gibt es in jedem Hirn schummrige Hinterzimmer, in denen Dinge ablaufen, die tunlichst in diesen Hinterzimmern bleiben sollten.
Der Tod von Françoise Cactus war eine Zäsur in Brezels Leben und nach über dreißig Jahren des Zusammenseins und des zusammen Musik machens, brauchte er Zeit um sich neu zu sortieren.
Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem er mit dem Geschehenen gut umgehen kann und an dem er an das anknüpfen kann, was Françoise und er über Jahre entwickelt haben.
So ist “Friedhof der Moral“ irgendwie ein neues Album von STEREO TOTAL. Was fehlt ist die Stimme von Françoise, aber einige Snippets alter Aufnahmen haben den Weg auf das neue Album gefunden und das Texten, was früher von Françoise erledigt wurde, das kann er doch erstaunlich gut.
Brezel Göring – “Friedhof der Moral“ ist Heimat von 13 Songs. Alle Lieder sind kurz, witzig und einfach wunderschön.
Am Donnerstag sprach ich mit Brezel Göring über die neue Platte und über seine Musik. Das kurze Interview findest du hier: https://fishbookletters.de/musik/brezel-goering-im-interview-mit-ali-tschertow-der-fish-im-tee/